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Kleinbahnen in Marine-Munitionsdepots (Bw)

(AOe) - Das Munitionsdepot 1 der Bundesmarine in Laboe verfügte von 1958 bis 1996 über ein 28 Kilometer langes Gleisnetz in der Spurweite 600 Millimeter. Beim Streckenaufbau wurden Schienenprofile vom Typ S 14 eingebaut, die im späteren Verlauf der Nutzung gegen S 20 Schienen ausgewechselt wurden. In dem Marine-Munitionsdepot 2 in Aurich-Tannenhausen wurde bis 1982 eine 25 km lange 600 mm Bahn zum Munitionstransport betrieben. Eine dritte Bahn fuhr zwischen 1960 und 1972 im Munitionsdepot Schweinebrück.

Kleinbahn-Loks in Sammlerhand: In der Mitte eine DIEMA DS 60.
(Foto: André Oellermann)

Die Lok Nummer 2 vom Typ DS 90
(Foto: André Oellermann)

Für den Depotbetrieb standen Loks vom Typ DS 60 (Nummer 1) und DS 90 (Nummern 2 bis 10) zur Verfügung. 1982 kam die Lok mit der Nummer 11 dazu. Die 18 Stundenkilometer schnellen und 10 Tonnen schweren Lokomotiven wurden von der Diepholzer Maschinenfabrik (DIEMA) zwischen 1960 und 1964 an das Marinedepot in Wilhelmshaven geliefert. Von dort erfolgte der weitere Transport nach Laboe, Schweinebrück und Aurich. In Aurich standen 7 DIEMA Loks vom Typ DS 90 in Betrieb. 1983 wurde die Lok Nr. 11 nach Laboe in das Marine Munitionsdepot 1 transportiert und dort weiter eingesetzt. Die DS 60 hatte einen 3-Zylinder-Dieselmotor von Mercedes-Benz und eine mechanische Kraftübertragung. Die DS 90 war mit einem 6-Zylinder-Vielstoff-Dieselmotor von Deutz, der seine 75 PS Leistung auf einen hydraulischen Wandler übertrug, ausgerüstet.

Aus der Betriebsgeschichte der Marine-Kleinbahnen

Züge wurden aus einem Sitzwagen für den Rangierer, einer Lok und neun Flachwagen oder Kipploren zusammengestellt. Der Bestand war so geplant, dass jeder Lokführer zwei Lokomotiven zur Verfügung hatte. In der dienstfreien Zeit konnten die Lokführer auch zu anderen Tätigkeiten wie z.B. Rasenmähen herangezogen werden. Nicht ausgebildeten Personen war das Fahren der Lokomotiven verboten. Für die Reparatur der Lokomotiven und Wagen gab es eine Werkstatt und zum Abstellen eine Lokhalle mit drei Gleisen.

Ein Flachwagen mit aufgesetztem Stromerzeugungsaggregat
(Foto: André Oellermann)

Zum Transport von Munition oder Ausrüstungsgegenständen standen 300 Flachwagen, 1960 bei Krupp-Dollberg hergestellt, mit und ohne Wurfhebelbremse zur Verfügung. Spezialwagen hatten klappbare Seitenrampen und Stützen an den Stirnseiten. Für die Flachwagen gab es Sitzbänke, Kran- oder Tankaufbauten, die vier seitlichen Holzbordwände konnten je nach Bedarf eingesteckt oder entfernt werden. Um Torpedos transportieren zu können wurden die Flachwagen mit sehr langen Kuppeleisen verbunden, die Ladung hatte dann auf jeder Wagenseite Überhang. Für besondere Anlässe wie Geburtstage oder Jubiläen waren drei Partywagen mit Sitzbänken vorhanden. Damit im Brandfall die Bunker oder Arbeitshäuser erreicht werden konnten, gab es einen Feuerlöschzug, bestehend aus zwei Wagen für Schläuche, Löschgeräte und die Motorwasserpumpe. Bis 1995 zog die Lok Nr. 5 die Wagen, danach die Lok Nr. 8.

Wenn der Zug nicht gebraucht wurde, konnte er am Fördewanderweg in einer Halle abgestellt werden. Zum Schneeräumen auf den Gleisen war eine Beilhack – Schneefräse und eine Schneeschleuder vorhanden, die auf einem Flachwagen aufgebaut war. Zuglok war die DS 60, Lok Nr. 1, der ein Schneeschieber vorgespannt war. In der Anfangszeit des Depots gab es auch gedeckte zwei- und vierachsige Wagen für den Transport empfindlicher Geräte wie Kompasse oder Echolote. Für die bei der Landschaftspflege anfallenden Grünabfälle oder Schottertransporte waren Kipploren vorhanden. Das Lichtraumprofil der Strecken musste regelmäßig wieder frei geschnitten werden.

Ein Behelfs-Sanitätswagen des MMunDp 1
(Foto: André Oellermann)

Da die Rangierer nicht auf der Lok mitfahren durften, wurde ein Sitzwagen mitgeführt, in dem sich Werkzeug zum Aufgleisen befand. Zum Verlegen der Gleise war ein Kranwagen vorhanden, der die Gleise auf der einen Seite von einem Transportwagen aufnahm und sie auf der anderen Seite auf dem Schotter ablegte. Wenn die Lokführer im Gelände neue Fahrtaufträge erfragen wollten, musste ein Feldtelefon an das Telefonnetz angeschlossen werden. Je nach Klingelzeichen wussten die Zuständigen Personen, ob Sie an das an dass Telefon gehen mussten oder nicht.

Die Gleise lagen auch entlang des äußeren Zaunes, um von der Lok aus den Zaun zu kontrollieren. Eine Strecke führte zu einem Verladebahnhof wo die Munition auf Lkw der NATO/Bundeswehr umgeladen wurde. Alle Bunker, Arbeitshäuser und Werkstätten waren an die Schmalspurbahn angeschlossen. Mit einem Kran wurde die Munition von den Flachwagen in die Arbeitshäuser transportiert. Im Munitionslagerbereich waren für die Schmalspurbahn im Zaun Tore eingebaut, die von dem Wachpersonal, das in kleinen Aufenthaltshäusern warten konnte, geöffnet wurden. An den Munitionsbunkern gab es ein Ladegleis sowie ein durchgehendes Streckengleis, auf dem mit 18 km/h gefahren werden konnte.

Diese Aufnahme veranschaulicht die Größe der Kleinbahn-Loks
(Foto: André Oellermann)

Um Explosionsunglücke zu vermeiden wurden Raketen, Granaten, Seeminen, Wasserbomben und Torpedoköpfe getrennt gelagert und transportiert. Es wurden Transporte sowohl zwischen Bunkern und Arbeitshäusern vorgenommen, als auch von den Bunkern zu den Schiffen der Marine. Zur Verladung der Munition auf die Marineschiffe, ist an der Kieler Förde eine 300 m lange Mole vorhanden, dort waren drei Gleise im Straßenraum verlegt, für die notwendigen Rangiermanöver waren mehrere Weichen eingebaut. Für die Pendler zwischen Laboe und Heikendorf wurde 1963 eine Fußgängerbrücke errichtet, damit die Schmalspurbahn jederzeit ungehindert auf die Mole fahren konnte. Etwas abseits in Richtung Laboe ist noch eine kleinere Mole die von den Pionieren benutzt wird. Hierher führte eine Strecke die den Fördewanderweg ebenerdig kreuzte. Wenn ein Zug auf die kleine Mole fahren sollte, wurden zwei Tore geöffnet, dadurch war der Fördewanderweg gesperrt, und das Gleis frei. Im geschlossenen Zustand war die Strecke gesperrt und der Fördewanderweg frei. Die Spaziergänger mussten kurz warten, bis der Zug vorbeigefahren war. Bei der Sanierung des Weges im Sommer 2004 wurde das Gleisstück überteert, und die zwei Tore durch Zaunfelder ersetzt.

Wegen der Explosionsgefahr wurde der Fördewanderweg von Laboe nach Heikendorf vor den Munitionstransporten mit Toren geschlossen. Mit Anzeigetafeln wurde die Dauer der Sperrung ein paar Tage vorher bekannt gegeben. Personen auf dem Wanderweg wurden von einem Wachmann aufgefordert das Gelände zügig zu verlassen. Danach wurde der Wanderweg mit großen Toren geschlossen. Die Lokführer erhielten Fahrbefehle, auf denen das Transportgut und die Strecke vermerkt wurden. Ohne diesen Befehl durften sie nicht abfahren. Danach wurden die für den jeweiligen Auftrag passenden Wagen zusammengestellt. Wenn die Tore verschlossen waren, konnten die Züge losfahren. Im Normalfall kamen zwei Züge hintereinander auf die Mole gefahren und wurden beladen. Um von der Munitionspier in den Lagerbereich zu kommen, musste die Bahn nicht unerhebliche Steigungen überwinden. Wenn alle Transporte durchgeführt waren, kam ein Wachmann und schloss die Tore für die Fußgänger wieder auf. Die Bahn war für Spaziergänger nur zu sehen, wenn zu Kontrollfahrten entlang des Zaunes oder zur kleinen Mole gefahren wurde. Angemeldete Besucher konnten mit dem Partyzug auf dem Streckennetz mitfahren. Vom Lokschuppen wurde zur Mole und zum Seebahnhof gefahren. Der Munitionslagerbereich war zuerst nicht zugänglich, später wurde dieses Verbot gelockert.

Die 1964 beschaffte und 1982 von Aurich nach Laboe "versetzte" Lok Nr. 11
(Foto: André Oellermann)

Anfang der neunziger Jahre wurde zu den Bunkern im Sperrbereich Straßen gebaut, die Strecken der Schmalspurbahn außer Betrieb genommen, die Gleise abgebaut und verkauft. Die letzten Fahrten erfolgten 1995, endgültig eingestellt wurde der Schmalspurbetrieb im Dezember 1996. Heute liegen im Depot nur noch kurze Reste im Beton oder in Bahnübergängen. Die Gleise wurden nach Feierabend unter Aufsicht der Bundeswehr - Feuerwehr von Arbeitern aus Weißrussland mit Schneidbrenner in kurze Stücke zerlegt und hinter der Verwaltung auf einem großen Stapel gelagert.

Der Verbleib der Loks

1983 wurde die Lok Nr. 3 und 1984 die Lok Nr. 4 an die Diepholzer Maschinenfabrik verkauft. 1993 sollten die restlichen 7 Lokomotiven abtransportiert werden, da außerhalb der Lokhalle keine Gleise mehr lagen, war es sehr schwierig die Lokomotiven mit einem Kran aus der Halle herauszubekommen. 1995 wurde die Lok Nr. 5 an den Heidepark in Soltau, sowie 90 Wagen an Feldbahnfreunde und Museen verkauft. Die Fa. Neudeck in Biberach kaufte von der VEBEG am 2.5.1996 die beiden Loks Nr. 6 und Nr. 7. Für die Öffentlichkeit nicht zugänglich ist Lok 9 seit 1996 mit zwei Wagen als Denkmal im Gelände des Munitionsdepots aufgestellt.

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