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Panzerfähre (WH)

(LLBW) - Es war sicherlich keinesfalls einer der ”Treppenwitze” der Weltgeschichte, daß die deutschen Truppen bei ihrem Vormarsch im Fall Gelb, dem Beginn des Westfeldzuges 1940, exakt die gleichen Überquerungen der Semois und der Maas nutzten, wie sie bereits zu Beginn des Ersten Weltkrieges erfolgreich benutzt worden waren. Es zeigte sich aber bereits zu diesem frühen Zeitpunkt des neuen Krieges, daß die Bildung und das Halten eines Brückenkopfes in wesentlichen Aspekten von der Verfügbarkeit gepanzerter Kräfte abhing. Erst nach der Errichtung von Kriegsbrücken mit entsprechender Tragfähigkeit konnten Panzer rollen. Eines der bekanntesten Beispiele dürfte 1940 die Kriegsbrücke bei Sedan gewesen sein. Mit Beginn des Rußlandfeldzuges waren vermehrt Flüsse zu überqueren, deren Ausmaße und unbefestigte Ufer diese Art der Brückenkopfbildung, zumeist auch noch unter feindlichem Feuer, nicht unterstützen würden. Man dachte auf deutscher Seite an eine gepanzerte Fähre, die unter feindlichem SmK-Feuer in der Lage sein mußte, selbständig eine geschützte Übersetzung eines Panzer IV zu ermöglichen.

Eine komplette Panzerfähre
(Foto: Iveco Magirus AG)

Panzer IV wird von einer Panzerfähre angelandet
(Foto: Iveco Magirus AG)

Das Fährdeck der Panzerfähren
(Foto: Iveco Magirus AG)

Am 19. April 1941 wurde die Firmengruppe Magirus/Klöckner-Humboldt-Deutz mit der Entwicklung einer dementsprechenden Fähre beauftragt. Dreizehn Monate später wurden die Prototypen der Fähren zu Versuchszwecken ausgeliefert. Die Konstruktion bestand aus zwei Fahrzeugen zwischen denen ein ca. 5 t schweren Ponton zur Aufnahme eines Panzer IV (20t) befestigt wurde. Aus Gründen der Produktionsvereinfachung nahm die mit der Entwicklung beauftragte Firmengruppe zwei verlängerte Pz-IV-Laufwerke, um darauf aufbauend die Fähre zu konstruieren. Die ersten Fahr- und Schwimmversuche erbrachten mehrere, jedoch die Gestaltung nicht wesentlich abändernde konstruktiven Verbesserungen. So wurde die Lüftungszufuhr durch zwei parallele und beweglich gestaltete Rohrsysteme gegen Wassereinbruch geschützt, die im aufgerichteten Zustand dem Fahrzeug sein charakteristisches Aussehen verliehen. Sowohl ein Schwallbrett als auch ein vergrößerter Auftriebskörper am Vordersteven und je Seite zwei Stangen zum Schutz der Laufrollen beim Einsatz als Barke waren gleichfalls kennzeichnend. Der die Schwerlast dieser Barke tragende Ponton wurde mit Hilfe besonders starker Ketten, die am Bug und Heck der Panzerfähre über Winden aus- und einziehbar montiert waren, gehalten. Diese Winden selbst waren kippbar, damit sie sich den normalerweise in seitlicher Richtung nicht biegsamen Ketten (ähnlich den Fahrradketten) der jeweiligen Pontonlage entsprechend anpassen konnten. Diese Konstruktionsmerkmale wurden gewählt, um über das Windensystem bei unebenen Uferböschungen die auf dem Ponton befindliche Transportlast möglichst in der Waagrechten zu halten. Prinzipiell war dieser Lösungsansatz durchaus gerechtfertigt, wies aber in der Erprobung doch so viel Instabilität auf, daß letztendlich alle Versuche beendet werden mußten.

Instandsetzungsarbeiten an einer Panzerfähre
(Foto: Iveco Magirus AG)

Der Prototyp II der Panzerfähre bei der Wasserfahrt
(Foto: Iveco Magirus AG)

Die Farbgebung der Panzerfähren war im Verlaufe der Erprobung recht unterschiedlich. Beide Fahrzeuge erhielten anfangs einen panzergrauen Anstrich überalles, später wurde das Oberdeck, wie bei Wasserfahrzeugen üblich mit einer hellgrauen Farbe überzogen. Auf einigen Fotos kann man auch erkennen, daß der Fahrerstand sich durch eine dunkle, vermutlich panzergraue, Farbe vom helleren (= hellgrauen) Oberdeck abhebt. Eine der beiden Panzerfähren trug mittig am Fahrzeugbug und unmittelbar unterhalb der Schwimm-/Auftriebskörper ein Zulassungschild, dessen alphanumerische Kennung “III Z 0703” auf eine vorläufige Zulassung für den Großraum Ulm verweist. Beide Fähren verfügten zudem noch um eine mit kleinen weißen Ziffern (1 & 2) am Kabinenaufbau und am Heck angebrachte Unterscheidung. Erst während der letzten Testversuche erhielten beide Fahrzeuge eine sandgelbe Tarnung überalles, wobei lediglich der Platz um das Hoheitsabzeichen (Balkenkreuz) in der ursprünglichen panzergrauen Farbe verblieb. Als Unterscheidungskennzeichen beider Fähren erhielten diese neben den bekannten beiden Ziffern noch zusätzlich je einen oder zwei vertikale gelbe Balken aufgebracht, die direkt, bzw. seitlich von der Mittelachse versetzt, durch das Balkenkreuz verliefen.

Gekoppelte Panzerfähren mit Land-Wasser-Schlepper im Vordergrund
(Foto: Iveco Magirus AG)


Text und Fotos: Lothar Limprecht/Bad Wildungen

Die Verwendung der Originalfotos erfolgt mit freundlicher Genehmigung durch die Iveco Magirus AG. Mein Dank gilt der tatkräftigen Unterstützung durch die Firma Iveco Magirus AG, ohne deren Hilfe die Rekonstruktion der Ruderanlage nicht möglich gewesen wäre.

Quellen: modell magazin, Ausgabe 3/83, „Panzerfähre im Eigenbau“ (A. Schmidt); Steel Masters Nr. 8 (Deutsche Ausgabe), Jan/Feb 1997; Waffen-Arsenal Band 77, Podzun-Pallas-Verlag, 1982; Militärfahrzeuge Band 5 & 10 (Walter J. Spielberger), Motorbuch-Verlag; Encyclopedia of German Tanks of WWII (Chamberlain, Doyle, Jentz); LWS Land-Wasser-Schlepper Type I/II (W. Trojca & M. Jaugitz), bei Model Hobby (Pl) 2008; Kettenschlepper der Wehrmacht 1939 – 1945 (F. Koch) Podzun-Pallas Vlg., 1996

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